Elektrisch betriebene Fahrzeuge gibt es schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Das erste deutsche elektrische Auto wurde im Jahr 1888 von Andreas Flocken entwickelt und der Öffentlichkeit präsentiert. Danach dominierte fast über hundert Jahre lang der allseits bekannte Verbrennungsmotor den Automarkt, da die Reichweite bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor viel größer war als bei einem Elektrofahrzeug. Der Grund für die geringe Reichweite war die niedrige Leistung von Akkumulatoren (Akkus) bzw. Batterien des Elektrofahrzeugs. Erst in den letzten zwanzig Jahren gewinnen Elektroautos wieder an Beliebtheit. Dank der fortgeschrittenen Akkutechnik und der Entdeckung der Li-Ionen-Akkus in den neunziger Jahren können Elektrofahrzeuge heutzutage mit den Verbrennern konkurrieren und erleben momentan einen starken Trendaufschwung auf dem Automobilmarkt.
Ein interessantes Merkmal von Elektroautos ist ihr Design. Elektrofahrzeuge haben zwei unterschiedliche Designmodelle. Das erste ist das Purpose-Design, das bedeutet, dass ein komplett neues Auto entwickelt wird und nur als Elektroauto produziert wird. Das Fahrzeug hat ein eigenständiges Fahrwerk/Antriebssystem und eine eigenständige Karosserie. In dieser Bauform werden ausschließlich Elektrofahrzeuge von Herstellern angeboten. Die andere und etwas einfachere Variante ist das Conversions-Design. Der Hersteller nimmt ein Fahrzeug aus seiner Palette und baut in diese Karosserie den elektrischen Antrieb ein. Von außen sehen solche Fahrzeuge fast genauso aus wie die Modelle mit einem Verbrennungsmotor. Es können also in derselben Bauform (Karosserie) Elektrofahrzeuge sowie Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor angeboten werden. Wenn es um eine Kostenkalkulation geht, ist das Conversions-Design für einen Kfz-Gutachter von Vorteil, da diese Modelle bereits in den Kalkulationsprogrammen enthalten sind und dem Kfz-Sachverständigen bereits bekannt sind.
Elektrische Fahrzeuge haben in der Regel zwei Motoren: Einen Elektromotor vorne und einen Elektromotor hinten.
Wenn das Fahrzeug also im hinteren Bereich einen Schaden hat, ist die Aufgabe des Kfz-Gutachters, diesen Bereich auch in Bezug auf den hinteren Elektromotor genau zu untersuchen, da dieser aufgrund der Position nahe am Heck auch beschädigt sein könnte.
Es gibt auch Fahrzeugmodelle, die ihre Elektromotoren in den Radnaben haben, sogenannte Radnabenmotoren. Diese Fahrzeuge haben an jedem Rad einen Elektromotor, also insgesamt vier Elektromotoren. Wenn bei einem solchen Fahrzeug ein Anstoß im Radbereich vorliegt, muss der Kfz-Gutachter sehr genau prüfen, ob der Elektromotor an dem oder den betroffenen Rädern ebenfalls beschädigt wurde.
Eigentlich ist die Verwendung des Begriffs „Batterie“ im Elektrofahrzeugbereich grundsätzlich unkorrekt. Es sollte eigentlich der Begriff „Akkumulator“ verwendet werden, aber das Wort Batterie hat sich irgendwie in der deutschen Sprache durchgesetzt. Vielleicht hängt es mit dem englischen Begriff „battery“ zusammen. Im Englischen wird nicht zwischen Akkumulator und Batterie unterschieden; beides (Akkumulator und Batterie) heißt „battery“.
Der Unterschied zwischen einem Akkumulator und einer Batterie liegt in der Möglichkeit des Akkumulators, sich wieder aufladen zu können. Eine Batterie kann nur einmal benutzt werden und kann nicht mehr aufgeladen werden. Ein Akkumulator kann mehrmals aufgeladen werden. Ein Beispiel dazu: Diese kleinen zylinderförmigen Dinger in einer Fernseherfernbedienung sind reine Batterien. Man benutzt sie einmal und wirft sie weg. Ein Handyakku kann man mehrmals aufladen, das ist ein Akkumulator.
Ein wichtiger Grund, warum ein verunfalltes Elektrofahrzeug von einem Kfz-Sachverständigen begutachtet werden sollte, ist die Verkehrssicherheit und die Umwelt. Sobald die Fahrbatterie einen Schaden aufweist, muss sie erneuert werden. Bei einem Aufprall im Verkehrsunfall kann es zur Verformung der Fahrbatterie führen, und dann besteht die Gefahr der Selbstzündung der Batterie. Da es sich hier um Hochvolttechnik handelt, besteht bei weiterer Fahrzeugnutzung mit einer defekten Batterie potenzielle Lebensgefahr durch einen Stromschlag. Umweltverschmutzung ist auch nicht ausgeschlossen, da bei einer Undichtigkeit an der Batterie gefährliche Schadstoffe austreten können. Eine beschädigte Batterie muss von einem Fachbetrieb entsorgt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine Batterie, die heutzutage immer noch oft gemietet wird. Das heißt, dass die Batterie nicht dem Fahrzeugbesitzer gehört, sondern dem Hersteller und wird bei ihm gemietet. Beim Verkauf oder Kauf eines Elektrofahrzeugs muss dieser Vertragspunkt zwischen dem Käufer und dem Verkäufer geklärt werden. Mitvertrag wird vom Käufer in der Regel übernommen oder die Batterie wird abgekauft, vorausgesetzt, dass die Batterie den Herstellervorgaben entspricht. Dieser Aspekt muss immer bei einer Restwertermittlung in einem Totalschadenfall berücksichtigt werden, da davon die Endsumme des Fahrzeugs abhängig ist. Seit dem Jahr 2020 bieten fast alle Automobilhersteller ihre Fahrzeuge mit einem fest eingebauten Akku (ohne Miete) an.
Wenn es sich um einen reinen Blechschaden handelt, unterscheidet sich ein Gutachten am Elektrofahrzeug nicht im Wesentlichen von einem Gutachten an einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Aber sobald der Schaden Fahrwerk und Antrieb betrifft, wird explizites Fachwissen im Bereich Elektromobilität von einem Kfz-Gutachter gefragt.
Da die Elektromobilität und Elektroautos ein relativ neues Gebiet in der Fahrzeugbranche sind, sind die Ersatzteilkosten für Elektrofahrzeuge und besonders für deren Antriebsstrang enorm hoch. Ein auf den ersten Blick kleiner Unfallschaden kann bei genauer Untersuchung mehrere tausend Euro kosten. Aus diesem Grund ist es zu empfehlen, bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall einen Kfz-Sachverständigen zur Begutachtung des Unfallfahrzeugs zu beauftragen.
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